In Gedanken flog mein Bewusstsein einmal rund um den Erdball und registrierte all die verschiedenen Länder, Kontinente, Landschaften, Städte und Wohnsiedlungen. Alles ging fließend ineinander über. Grenzen waren willkürlich gesetzt und nur eine Illusion. Unter der von Menschen gezogenen Markierung ging die Erde ununterbrochen weiter. Es gab kein Israel, kein Palästina, kein Deutschland, Polen oder Mexiko, keine Vereinigten Staaten von Amerika. Nur Erde. Land. Ein unendlicher Weg, der nirgendwo aufhörte. Der selbst unter Wasser über den Grund alles miteinander verband. Ich fühlte mich weder als Spanier, als Ire, noch als Chinese. Ich war auf diesem Planeten Erdenbürger und nicht mal dort hörte es auf, denn das Universum war immens.
»Spürst du die Grenzenlosigkeit, die Weite allen Seins?«, flüsterte sie kaum hörbar.
»Ja«, sagte ich und ließ mir Zeit bei meiner Antwort. »Ich stelle mir vor, wie alle Menschen von überall aus in den Kosmos aufsehen. Zum gleichen Himmel, den gleichen Sternen, dem gleichen Mond. Ich finde, das schafft eine Verbindung zwischen allem, den Orten und den Menschen.«
Sie ließ meine Worte wirken und sprach: »Im Geist kann ich überall sein, mich überall hindenken. Ganz leicht. Ich sehe diese Sterne von hier und ich kann sie von dort sehen. Ich bin ungebunden. Mein Körper liegt hier, aber mein Geist ist frei.«
Ihr Satz schwang durch meinen Kopf und ich bewunderte meine transzendentale Erfahrung. Sie fuhr fort: »Wenn du schläfst, erwacht deine Essenz. Wenn du wach bist, schläft sie wieder ein. Jede Nacht reise ich im Geist, wohin es mich zieht. Manchmal möchte ich nur die Wärme der Einheit mit allem spüren und den Rausch der grenzenlosen Freiheit. Entfesselt vom kleinen Leben in diesem Körper, dem Haus, dieser Arbeit, den Menschen, einem Ort. Ich bin so viel mehr als das. Die Perspektive ist so eng und klein. Es tut so gut, jede Nacht ausbrechen zu können, um wieder das Ganze zu sehen. Das gibt mir die Kraft, die Erfahrung in der Enge zu leben. Es ist wie ein Herzschlag. Wie die Atmung des Universums. Ich werde ganz eng und dann weite ich mich aus. Danach werde ich winzig und dann wieder grenzenlos. Ist es nicht wunderschön?«
»Wer atmet das Universum?«, fragte ich und sah weiter in die Sterne.